Quantcast
Channel: Neue Antworten zum Thema Film auf gutefrage.net
Viewing all articles
Browse latest Browse all 3000

warum gibt es keine disney filme, wo welche homosexuell sind ?

$
0
0
Jein, den gibt es ein bisschen. Aber zunächst: Disney hat nun mal den Anspruch, Kinderfilme zu machen, die sich weltweit verkaufen lassen.  Ein Film, indem es ganz explizit um einen homosexuellen Charakter geht, würde bereits in unserem westlichen Kulturkreis Kontroversen aufrufen. Zwar ist längst geklärt, dass die Sexualität etwas Körperliches ist, dass uns schon bei Geburt mitgegeben und nicht veränderbar ist - aber es gäbe garantiert genügend Kritiker, die dies ignorieren und behaupten würden, solche Filme würden die Kinder homosexuell machen. Ist zwar völliger Blödsinn, aber man muss sich nur die Argumentationen verschiedener CDU/CSU/AFD Politiker anschauen, um zu erkennen, wie rückwärtsgewandt manche Menschen darüber denken. Jetzt überlege mal, wie so ein Film in Russland oder Indien ankommen würde - nämlich gar nicht, der würde zensiert werden und Disney hätte keine Einnahmen. Ich denke es ist nicht so, dass Disney nicht vielleicht sogar mal bereit wäre, die Geschichte um einen schwulen Prinzen zu schreiben, aber es schlicht aus pragmatischen Gründen nicht tut. Allerdings gibt es einen Disneyfilm, in dem eigentlich die Geschichte eines jeden jugendlichen homosexuellen erzählt wird, aber ohne dass es explizit homosexuell genannt wird. Frozen heißt der Film, also die Eiskönigin. Ein kleines Mädchen hat magische Kräfte, die immer dann hochkommen, wenn sie sehr aufgeregt oder emotional ist. Wenn man dies als Metapher für Homosexualität sieht, dann bekommt der Film auf einmal einen viel tieferen Sinn. Man weiß, dass sie damit geboren wurde, nicht verhext, wie ganz ausdrücklich gesagt wird. Die Eltern können damit nicht umgehen und bringen ihrer Tochter bei, ihre Gefühle zu verschließen. Niemand darf "es" wissen. Sie beginnt damit, auch die Menschen um sich herum auszuschließen und irgendwann lebt sie nur noch ganz isoliert für sich, keiner weiß, wie es in ihr aussieht und sie lebt in der konstant Angst, was passieren könnte, wenn "es" jemand herausfindet. So wie ein homosexueller jugendlicher, der Angst davor hat, was passiert, wenn "es" rauskommt.  Natürlich werden ihre "magischen Kräfte" irgendwann zwangsgeoutet, und natürlich stehen in dem Moment auch schon sterilisierte Konservative zur Stelle, die sie verdammen und den Zeigefinger auf sie richten.  Den Rest vom Film geht es dann darum, wie die junge Frau es lernt, sich selbst zu schätzen, sich selbst zu akzeptieren, sich von den Erwartungen der anderen abzugrenzen und vor allem zu sich selbst zu stehen. Das ganze wird mit sehr viel stilistischen Mitteln unterstützt. Das Lied hier ist sozusagen der Dreh und Wendepunkt des Films: https://www.youtube.com/watch?v=moSFlvxnbgk Ihre Handschuhe waren immer das Symbol für die Isolation und Unterdrückung ihrer Gefühle. Kurz vorher wurde sie "enttarnt" - der erste Handschuh fehlt - den zweiten wirft sie selbst weg. Ihre lange Schärpe als Zeichen für den Balast an Erwartungen, die sie von anderen, mit sich herumschleppt - auch die wirft sie weg. Am Beginn des Liedes ist es Dunkel und melancholisch - sinnbildlich für das Versteckspiel und ihre Bewegungen sind kurz, abgehackt und gehemmt. Am Ende tanzt sie lebensfroh und selbstbewusst mitten im Licht. Das ist die erste Disneyprinzessin, die ihre Krone wegschmeißt und glücklich darüber ist, ihr altes Leben hinter sich zu lassen. Da hat sich Disney einiges einfallen lassen, um auf den unterschiedlichsten Ebenen die Message rüberzubringen "Sei du selbst, und nicht so, wie andere dich haben wollen - und du wirst dein wahres Potenzial entdecken."  Disney geht da also nicht auf Homosexualität ein, aber es wird eine Geschichte erzählt, die zeigt, wie miserabel das Leben ist, wenn man seine Gefühle unterdrückt, sich verstecken muss und vor niemand man selbst sein kann - und wie befreiend es ist, sich von den Erwartungen der anderen zu lösen und zu sich selbst zu stehen.  Ich hatte als Schwuler zumindest bei dem Film Tränen in den Augen, weil man einfach mitfühlt und die Geschichte schon kennt, schon auf die eigene Weise selbst erlebt hat. In meiner Meinung ist hier schon eine klassische Outing Story verpackt - ohne dass ein Charakter homosexuell sein muss. (Diese Interpretation wird vielfach geteilt, die hab ich mir nicht ausgedacht und der Film ist allein deshalb bereits von einigen konservativen Richtungen in den USA stark unter Kritik geraten). Ach ja - ein schwuler Charakter ist tatsächlich im Film, Oaken - der Handelsposteninhaber - und Saunabetreiber. Für ca. 2. Sekunden wird seine Familie eingeblendet, und da sieht man einen Mann mit vielen Kindern, das flimmert aber so schnell über den Bildschirm, dass man das nicht wahrnimmt, wenn man nicht weiß, worauf man achten muss.

Viewing all articles
Browse latest Browse all 3000


<script src="https://jsc.adskeeper.com/r/s/rssing.com.1596347.js" async> </script>